Papst
Benedikt XIV. (+1758) Ÿber die Engel und ihre Verehrung
Dieser Papst mit dem frŸheren Namen Prospero de Lambertini, der einer der gelehrtesten PŠpste war, verfasste noch als Bischof von Ancona, bzw. Kardinal-Erzbischof von Bologna das Werk ãDe Servorum Dei Beatificatione et Beatorum CononizationeÒ (ã†ber die Seligsprechung der Diener Gottes und die Kanonisierung der SeligenÒ). Aus diesem Werk bringen wir nach der 2. vermehrten, in Padua 1743 erschienenen Auflage aus dem IV. Buch, I. Teil, Kapitel 30 den Abschnitt Ÿber die Engel und ihre Verehrung (ãDe Angelis et eorum CultuÒ):
1. ãDem Alten Testament entnimmt man oft, dass den Engeln als den Dienern Gottes und den Mittelwesen zwischen Gott und den Menschen Verehrung entgegengebracht worden ist; weiter dass an sie WŸnsche und Gebete gerichtet und ihnen vielfach aus dankbarem Herzen Zeichen der Verehrung gewidmet worden sind. Die bedeutendsten Schriftstellen finden sich gesammelt im Werk von Augustin Calmet (dem bedeutendsten Exeget seiner Zeit, + 1757) ãDissertatio in bonos malosque AngelosÒ (ãDissertation Ÿber die guten und schlechten Engel)
Damit aber nicht etwa der Einwand (gegen die Verehrung der Engel) erhoben werde, damals (im Alten Bund) sei noch nicht Jesus Christus als der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen bestimmt gewesen, tut es gut, auf die Worte des Herrn Jesus Christus hinzuweisen: ãHŸtet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten!Ò denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.Ò (Mt 18,10). Sinn und Inhalt dieser Worte kann nur der sein: die KrŠnkung der Kleinen muss man deshalb zu vermeiden suchen, weil die Engel, die sich um die Kleinen sorgen, ihres SchŸtzeramtes wegen bei Gott fŸr sie intervenieren. Darum sagt der hl. Hilarius: ãDie Engel der Kleinen sind bei den Gebeten der GlŠubigen anwesend. Die Anwesenheit der Engel ist mit absoluter AutoritŠt festzuhalten. Die Gebete der durch Christus Erlšsten werden von den Engeln tŠglich Gott entgegengebracht. In gefŠhrlicher Weise wird darum der verachtet, dessen WŸnsche und Gebete zum ewigen, unsichtbaren Gott durch den eifrigen Dienst der Engel Gott Ÿberbracht werden.Ò
In der Apokalypse 19,10 verbietet zwar ein Engel dem Apostel Johannes, ihn anzubeten: ãTu das nicht! Auch ich bin nur ein Mitknecht (Gottes) wie du.Ò Der hl. Augustinus aber sagt dazu in seinem 20. Buch gegen Faustus, der Engel habe dies verboten, ihn (den Engel) anstelle Gottes anzubeten, weil er dem Johannes so herrlich erschienen war, dass er den Eindruck erwecken konnte, er kšnne und dŸrfe anstelle Gottes angebetet werden. Damit stimmt der hl. Thomas von Aquin in seiner ãSumma theologicaÒ II/II, quaestio 84, a.1 Ÿberein, der dort noch einen andern Grund fŸr das vom Engel ausgesprochene Verbot, ihn anzubeten, anfŸhrt: sowohl um die WŸrde des Menschen aufzuzeigen, die dieser durch Christus erlangt habe, sodass er den Engeln gleiche; darum fŸgte der Engel dem Verbot die Worte hinzu: ãDein Mitknecht bin ich und der deiner BrŸder.Ò Das deckt sich mit dem, was das Konzil von Laodicea (in der 2. HŠlfte des 4. Jahrhunderts) in seinem 35. Kanon erlassen hat, wo es hei§t: Es ist nicht nštig, dass Christen die Kirche verlassen und weggehen, um die Engel anzurufen und dazu Versammlungen abhalten, die als verboten gelten. Wenn also jemand angetroffen wird, der einem solchen Gštzendienst huldigt, so sei er im Bann, weil er Unseren Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes verlŠsst und sich dem Gštzendienst weiht. Dabei bestand aber keineswegs die Absicht, gar jede kultische Verehrung der Engel zu verbieten, sondern nur einen solchen Kult, der zur Verachtung Unseres Herrn Jesus Christus fŸhrt, wie das bei jenen der Fall ist, die die Engel nach platonisch-heidnischer Art wie Gštter verehren: das nannten die KonzilsvŠter von Laodicea eine verschwiegene, geheime Gštzendienerei (Idololatria), wie Zonaras und Balsamon es interpretiert haben.
Unter den Dokumenten aus der christlichen Antike, die ebenfalls fŸr den Engelskult und die Anrufung der Engel sprechen, ist auch die I. Homilie zu Ezechiel von Origenes zu nennen: Er ruft darin die Engel an und erbittet von ihnen ihre Hilfe fŸr einen kŸrzlich von der HŠresie bekehrten Mann. Hier seine Worte: ãAlles ist erfŸllt von den Engeln: KommÔ, Engel, nimm dich um jenen Menschen an, der durch Ansprache vom Irrtum, von der Lehre der DŠmonen, von der hochgespielten Schlechtigkeit bekehrt worden ist! Nimm dich seiner wie ein guter Arzt an und unterweise ihn, denn heute wird er, der Greis, klein geworden aufs Neue zum Kind: Nimm dich seiner an und erteile ihm die Taufe zur zweiten Wiedergeburt! Rufe dazu andere GefŠhrten deines Dienstes herbei, damit ihr alle, die in gleicher Weise einmal getauft worden sind, im Glauben unterweisen kšnnt!Ò
Diese Homilie (des Origenes) ist vom hl. Hieronymus aus dem Griechischen in die lateinische Sprache Ÿbersetzt und fŸr echt gehalten worden, was zwar von Dalleus und Bochartus bestritten worden ist, Erasmus und Huetius aber hielten sie ebenfalls fŸr echt von Origenes stammend...
2. In der Hl. Schrift werden auch die Namen der neun Chšre oder Ordnungen der Engel genannt: Der erste Name ist ãEngelÒ, wie er sich an zahlreichen Stellen der hl. Schrift findet. Der zweite Name ist ãErzengelÒ; im 1 Thess 4,16 hei§t es: ãDer Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt.Ò Im Brief des Judas (Vers 9) hei§t es: ãAls der Erzengel Michael mit dem Teufel rechtete...Ò Die vier Namen ãFŸrstentŸmer, MŠchte, Gewalten, HerrschaftenÒ werden im Epheserbrief 1,21 genannt. An der siebten Stelle steht dann der Name ãThroneÒ; er findet sich im Kolosserbrief 1,16: ãThrone und Herrschaften, MŠchte und GewaltenÒ. An achter Stelle kommt der Name ãCherubimÒ, wie er im Psalm 80,2 steht: ãDer auf den Cherubim thronst, erscheine...Ò. An neunter Stelle folgt noch der Name ãSeraphimÒ; er steht bei Jesaia 6,2 und 6,6: ãSeraphim standen Ÿber ihm... Da flog einer der Seraphim zu mir...Ò Sowohl die griechischen als auch die lateinischen KirchenvŠter erwŠhnen mit diesen Namen die Chšre oder Ordnungen der Engel, wie man bei Franciscus Suarez (+1617) in seinem 1. Buch (Kapitel 13, Nr. 3) Ÿber die Engel nachprŸfen kann.
3. Namen der Engel, wie sie von katholischen Schriftstellern noch erwŠhnt werden, gibt es sieben, nŠmlich Michael, Gabriel, Raphael, Uriel, Sealtiel, Jehudiel und Barachiel, wie der Exeget Serarius (+1609) zum 12. Kapitel des Buches Tobit aufzeigt. Aber nur die Namen ãGabriel, Michael und RaphaelÒ sind in der Kirche zugelassen. Die anderen Engelnamen werden in keiner Tradition erwŠhnt; sie sind aus dem HebrŠischen genommen und so zu uns gekommen. Die ErwŠhnung des Namen ãUrielÒ findet sich im 4. Buch Esdras; aber dieses Buch gehšrt nicht zu den kanonischen BŸchern de Hl. Schrift. In den ãKapitularienÒ Karls des Gro§en liest man: auf dem Konzil von Laodicea wurde vorgeschrieben, unbekannte Engelsnamen nicht aufzuzeichnen und zu nennen; nur jene sollen genannt werden, die wir auf Grund der kirchlichen AutoritŠt kennen: nŠmlich Michael, Gabriel und Raphael. Auf einem Ršmischen Konzil, das unter Papst Zacharias im Jahre 745 abgehalten wurde, ist die Rede eines gewissen Adalbert verworfen worden, der darin acht Engelsnamen erwŠhnt hatte. Als diese Rede verlesen worden war, erklŠrte Papst Zacharias: ãAlle diese Namen sind mit Ausnahme der Namen Michael, Gabriel und Raphael, Namen von DŠmonen. Was bleibt hier darum anderes zu tun als dies, dass das, was verlesen worden ist, verworfen wird?Ò Alle anwesenden Bischšfe stimmten dem zu: ãWir anerkennen nicht mehr als die drei Engelsnamen Gabriel, Michael und Raphael.Ò Eingesehen werden kann dazu auch Majolus in seinem Werk ãIn Diebus Canicularibus (Tomus 3: De Angelorum nominibus, p. 168s).
Um noch aus jŸngerer Zeit etwas zu erwŠhnen, folgendes: Ein frommer Priester aus Sizilien mit Namen Antonius Duca war bemŸht, in der ršmischen Kirche ãS. Maria degli AngeliÒ am Hochaltar ein GemŠlde anzubringen, das die mit Namen genannten Engel darstellte; auf dem Bild waren auch die Namen der dargestellten Engel angebracht, auch ãUriel, Barachiel, Sealtiel und Juhediel. Da wurde ihm – wie Kardinal Albitius in seiner ãAbhandlung Ÿber die fehlende Standhaftigkeit im GlaubenÒ (Tractus de Inconstantia in FideÒ, cap. 40, Nr. 156) bezeugt, befohlen, die letztgenannten Namen zu tilgen. Bei Jacobus Longueval in seiner ãHistoria GallicanaÒ (Tomus 4, liber 11, p. 311) ist noch folgendes zu lesen: Nachdem dort die Geschichte von der Verurteilung der Rede des Adalbert berichtet worden ist, wird noch erwŠhnt, dass in gewissen Litaneien, die zur Zeit Karls des Gro§en in Gallien gebetet wurden, trotz der Verurteilung durch das genannte Ršmische Konzil solche Engelsnamen erwŠhnt wurden, wie ãUriel, Raguel und TubuelÒ. Es wird aus diesem Anlass sehr weise darauf hingewiesen, mit welchen Schwierigkeiten zu rechnen ist, um solche aberglŠubische, im Volk eingerissene Praktiken wieder auszurotten.
4. Nachdem das alles vorausgeschickt worden ist, mŸssen wir nun zusehen, aus welchen GrŸnden die Engel gemŠ§ der kirchlichen Disziplin zu verehren sind: wir verehren die Bilder von Heiligen und von leiblosen Engeln, weil diese bisweilen in menschlicher Gestalt Gerechten erschienen sind. Es sind das die Worte des siebten allgemeinen Konzils (des zweiten von Nicaea im Jahre 787) in der 5. Abhandlung. Auf diesem Konzil hat zwar nach ErwŠhnung des Dialogs des Johannes von Saloniki der Patriarch Tharrasius bemerkt: Dieser Konzilsvater sei wohl der Meinung gewesen, dass die Engel gemalt werden, weil sie umschrieben werden kšnnen und in der Gestalt von Menschen vielfach erschienen sind; dadurch kamen einige zur Vermutung, das Konzil habe geglaubt, auch die Engel seien leibhaftige, kšrperliche Wesen, das wŠre aber gegen die klare ErklŠrung des IV. Lateran-Konzils (im Jahre 1215, Caput I), wo behauptet wird: ãGott, der der eine Ursprung aller Dinge ist, der Schšpfer der sichtbaren und der unsichtbaren, der geistigen und der kšrperlichen, er hat die geistige und die kšrperliche, d.h. die Engelwelt und die irdische Welt und dann die Menschenwelt, die gewisserma§en beide umfasst, da sie aus Geist und Kšrper besteht, ins Dasein gerufen.Ò Aber der Patriarch Tharrasius und die anderen KonzilsvŠter auf dem II. Konzil von NicŠa haben aus dem Dialog mit Johannes von Saloniki nichts anderes gefolgert als dies, es sei nicht unrecht, die Engel bildlich dazustellen, weil sie umschrieben werden kšnnen und in menschlicher Gestalt gar manchmal erschienen sind; es war sicher nicht Absicht dieses Konzils, definitiv zu entscheiden, ob die Engel kraft eigenen oder nur angenommenen Kšrpers umschrieben werden kšnnen.
5. In Litaneien werden die Heiligen Michael, Gabriel und Raphael, aber auch die heiligen Engel und Erzengel ganz allgemein und alle heiligen Chšre (Ordnungen) der seligen Geister angerufen.
Bei der Segnung des Weihrauches fŸr die Inzensierung (BerŠucherung) der Opfergaben (von Brot und Wein bei der Messfeier) werden die Worte gesprochen: ãDurch die FŸrsprache des hl. Erzengels Michael, der zur Rechten des Rauopferaltares steht, mšge der Herr diesen Weihrauch segnen und als lieblichen Wohlgeruch annehmen.Ò In einem alten ãCodex TilianusÒ steht – wie Menardus in den anmerkungen zum Sacramentarium des hl. Gregor – nicht der Name Michael, sondern Gabriel: ãAuf die FŸrsprache des hl. Erzengels Gabriel, der zur Rechten des Rauchopferaltars steht.Ò Ebenso liest man in einem alten Formular der Ršmischen Messe, wie Kardinal Johannes Bona (+1674) in seinem Werk ãDe rebus LiturgicisÒ (Appendix, p. 496) berichtet. So las es auch der ehrwŸrdige Diener Gottes (von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochene) Theatiner-Kardinal Joseph Maria Thomasius (+1713) in einigen bunten Anmerkungen zum ãMissale RomanumÒ; er bemerkt da zu den Worten ãDurch die FŸrsprache des hl. Erzengels Michael, der zur Rechten des Rauchopferaltars stehtÒ: sie sind nicht der Apokalypse 8,5 entnommen, wo es hei§t: ãDann nahm der Engel die RŠucherpfanne, fŸllte sie mit glŸhenden Kohlen, die er vom Altar nahmÒ; sie stammen vielmehr aus dem Lukas-Evangelium (1,11), wo Ÿber Zacharias, den Vater Johannes des TŠufers, berichtet wird: ãDa erschien dem Zacharias ein Engel, der auf der rechten Seite des Rauchopferaltars stand.Ò †ber diesen Engel aber hei§t es dann bei Lk 1,19: ãDer Engel sagte zu Zacharias: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht.Ò
6. Gott werden Kirchen geweiht zu Ehren entweder aller Engel oder einzelner Engel wie Michael, Gabriel und Raphael. Es werden Gott Kirchen auch geweiht zu Ehren der Schutzengel oder zur Erinnerung an eine herausragende Erscheinung eines bestimmten Engels oder auch zur Erinnerung an eine empfangene Hilfe und Gnade auf Grund einer Dienstleistung durch einen Engel.
Nicht aber werden Kirchen Gott geweiht zu Ehren aller Cherubim und Seraphim oder anderer Chšre (Ordnungen) der Engel. Es ist gesagt worden, dass Kirchen Gott geweiht werden zu Ehren aller Engel, wobei diese Formel ãallen Engeln geweihtÒ auch von jenen Kirchen gelten kann, die nach dem hl. Michael benannt werden, wie Guyet in seinem Werk ãDe Festis propriis SanctorumÒ (liber I, caput 5, quaestio 5, ¤ âJam veroÔ) richtig mahnt. In Rom ist von Papst Pius IV. der seligen Maria von den Engeln eine Kirche geweiht worden. Das Fest des hl. Michaels kann auch Fest aller Engel genannt werden, wie durandus bezeugt in seinem Rationale Divinorum Officiorum (liber 7, caput 12).
7. Es ist gesagt worden, dass Kirchen Gott auch zu Ehren einzelner Engel wie Michael, Gabriel und Raphael geweiht werden.
Zur Stelle im Kolosserbrief (2,18) des hl. Paulus, wo es hei§t: ãNiemand soll euch verachten, der sich in scheinbarer Demut auf die Verehrung beruft, die er den Engeln erweist, bemerkt Theodoret: Diese Worte beziehen sich auf einige, die – judaisierenden Riten hingegeben – betonten, das Gesetz sei durch die Engel gegeben worden, und die darum behaupteten, sie seien durch Kult verehrungswŸrdig. Theodoret fŸgte noch die Bemerkung hinzu, diese Krankheit habe lange Zeit in Phrygien und Pisidien geherrscht; deswegen habe das Konzil von Laodicea, eine Stadt in Phrygien, durch Gesetz verboten, zu den Engeln zu beten. Heute noch kšnne man dort und in der Umgebung viele Oratorien zu Ehren des hl. Michael sehen. Theodoret erinnert an diese zahlreichen Oratorien zu Ehren des hl. Michael, um damit zu beweisen, dass die dort wohnenden Všlker zur Verehrung der Engel besonders neigten, dann aber vom alten Glauben abfielen, als sie begannen, die Engel unter Verachtung Christi Ÿbertrieben anzurufen und zu verehren als die ersten FŸrsprecher bei Gott. Im †brigen sei die Verehrung der Engel, besonders des hl. Michael, zur Zeit des Theodoret weit verbreitet gewesen. Zu seiner Ehre seien in Konstantinopel und darŸber hinaus im ganzen Orient zahlreiche Oratorien errichtet gewesen, die ãMichaeliaÒ genannt wurden; - Šhnlich wie Theodoret – bezeugt dies auch Sozomenus im 3. Kapitel seines 2. Buches der Kirchengeschichte. Dionysius Petavius (+1652) zeigt das alles lang und breit auf in seinem Werk Ÿber die Engel (ãDe AngelisÒ, liber 2, caput 10, nr. 11).
8. Man hat weiter gesagt, es seien Kirchen Gott geweiht worden zu Ehren der Schutzengel, wobei darunter die Schutzengel aller Menschen zu verstehen sind und nicht der Schutzengel eines bestimmten Menschen; es wŸrde ja sonst der Titel diese Kirche seine Berechtigung verlieren, wenn der betreffende Mensch stirbt, fŸr dessen Schutzengel die Kirche geweiht worden war. Guyet bemerkt dazu in seinem zitierten Werk im Abschnitt ãQuod sine AngelisÒ: Bei der letzten Durchsicht (ãrecognitioÒ) des Breviers auf Befehl von Papst Urban VIII. sei die Stelle, wo man frŸher in der Einzahl las: ãIn Festo Sancti Angeli CustodisÒ in die Mehrzahl abgeŠndert worden: ãIn Festo Sanctorum Angelorum CustodumÒ (ãAm Fest aller heiligen SchutzengelÒ); und fŸr das Schlussgebet am Oktavtag wurde die Formulierung vorgeschrieben: ãQuorum Festum colimus...Ò, um klar herauszustellen, dass wir nicht das Fest des Schutzengels eines bestimmten Menschen, sondern das aller Engel, die BeschŸtzer der Menschen sind, feiern.
9. Andererseits ist aber betont worden, dass Kirchen geweiht werden zum GedŠchtnis bedeutsamer Erscheinungen eines bestimmten Engels oder zur Erinnerung an die von einem Engel erlangte Hilfe oder an die durch den Dienst dieses Engels erlangte Gnade. Das gilt z.B. fŸr die berŸhmte Kirche am Gargano-Berg, die zur Erinnerung an die Erscheinung des heiligen Erzengels Michael erbaut wurde. Zu dieser Kirche pilgerten einst zahlreich und oft die Christen. So bezeugt der hl. Petrus Damiani, dass Kaiser Otto – dazu vom hl. Romuald aufgefordert – mit blo§en, nachten FŸ§en von Rom aus auf den Gargano-Berg gepilgert sei, um fŸr ein kurz vorher begangenes Verbrechen auch durch kšrperliche ZŸchtigung SŸhne zu leisten. Diese Erscheinung des hl. Michaels ereignete sich im Jahr des Herrn 356, wie Kardinal Baronius aus einem Manuskript in der Bibliotheca Vallicellana herausgefunden und in seinen Anmerkungen zum 8. Mai im Martyrologium Romanum festgehalten hat. SpŠter, nŠmlich zum Jahr 545 bezeugt Rubeus in seiner ãGeschichte RavennasÒ (ãRavenanatum HistoriaÒ), wie in Ravenna eine Kirche zu Ehren des hl. Michael erbaut worden ist, die heute noch existiert: ãIn diesen Tagen hat ein gewisser Baveda, der Schwiegersohn Julians, um fŸr seinen Schwiegervater Hilfe zu erlangen, in der Gegend der Stadt Ravenna, d ie den Beinamen Aphricisca trŠgt, dem gšttlichen Erzengel Michael einen Tempel errichtet.Ò Gleiches hat auch der gelehrte Ciampinus, Referendar der doppelten Signatur, berichtet in dem Werk ãVetera MonimentaÒ (pars 2, p. 63). Kaiser Ottos Pilgerfahrt (auf den Gargano-Berg) wird als im Jahr 1001 stattgefunden Ÿberliefert, wie im Werk des Ughellius ãItalia SacraÒ (7. Band, neueste Auflage) ersichtlich wird, wo Ÿber die Sipontinische Kirche gehandelt wird. Es wŠre leicht, noch weitere Beispiele von Kirchen, die dem heiligen Erzengel sowohl im Orient, als auch im Abendland geweiht worden sind aufzuzŠhlen; sie erinnern alle an die Erscheinungen des Erzengels. So gibt es – wie Sozomenus und Nicephorus bezeugen – eine Kirche ãSostenniumÒ genannt, die in der NŠhe von Byzanz zur Erinnerung an die dort stattgefundene Erscheinung des hl. Michaels erbaut worden ist. Es ereignete sich – wie ein gewisser Petrus in seinem ãCatalogusÒ (liber 9, cap. 71) bezeugt - auch in Gallien eine Erscheinung des heiligen Erzengels Michael, die im Jahr des Herrn 709 stattgefunden haben soll unter dem heiligen Bischof Authbert. Darauf wurde – Šhnlich wie am Gargano-Berg – eine bedeutende Kirche erbaut, worauf nach Sigebertus Jacobus Longueval in seiner ãHistoria ecclesiae GallicanaeÒ (liber II zum Jahr 709) hingewiesen hat. Nachdem die Sarazenen auf die FŸrsprache des hl. Michael besiegt in die Flucht geschlagen worden waren, erbaute Papst Leo IV. auch in der NŠhe des Vatikans eine Kirche zu Ehren des hl. Michael, wie wir durch eine in Marmor gehauene Inschrift belehrt werden. Wie nun zur Erinnerung an Erscheinungen des heiligen Erzengels Michael Kirchen geweiht und Tempel zum Dank fŸr Wohltaten erbaut worden sind, die auf Grund der FŸrsprache dieses Erzengels erlangt worden sind, so kann es auch nicht verboten sein, Šhnliches zu tun zur Erinnerung an eine bedeutsame Erscheinung eines anderen Engels oder zur Erinnerung an eine durch die FŸrsprache dieses Engels erlangte einzigartige Gnade; das bemerkt Guyet im zitierten Werk (liber I, cap. 5, qu. 5,¤ Caeterum). Als Beispiel nennt er die Kirche, die einst Ÿber dem Grabmal des Kaisers Hadrian in der Stadt Rom von Papst Bonifatius IV. errichtet wurde in Erinnerung an jenen heiligen Engel, der – so meldet es eine alte †berlieferung auf dem Giebel des Hadrian-Grabmals gesehen worden war, wie er gerade das gezogene Schwert wieder in die Scheide steckte zum Zeichen dafŸr, dass die Pest erloschen sei. Dieser Bericht findet sich in den von Kardinal Baronius verfassten Anmerkungen zum 29. September im Martyrologium Romanum.
10. Man muss hier jedoch anmerken, dass keine Kirchen Gott geweiht werden zu Ehren aller Seraphim oder Cherubim oder anderer Engelschšre, weil das nie in Brauch gekommen ist, wie der mehrmals zitierte Guyet bezeugt.
11. Wenn wir nun von den Kirchweihen zu den zu Ehren der heiligen Engeln gewŠhrten liturgischen Stundgebeten (Officia) Ÿbergehen, so ist das Officium vom 8. Mai zur Erinnerung an die Erscheinung des heiligen Erzengels Michael am Gargano-Berg zu erwŠhnen, ebenso das Officium vom 29. Dezember zur Kirchweihe der dort erbauten Kirche, desgleichen das Officium zu ehren der heiligen Schutzengel, wie es auf die Bitte von Kaiser Ferdinand durch Papst Paul V. 1608 genehmigt wurde, wie nach Theophilus Raynaudus Thomassinus in seinem Werk ãTractatus de Festis (liber 2, cap. 22, nr. 11) berichtet; das schutzengelfest mit seinem Officium ist dann von Papst Clemens X. auf die ganze Kirche ausgedehnt und zu einem gebotenen Fest gemacht worden, wie aus dem Dekret vom 13. September 1670 ersichtlich ist.
12. Auch in mehreren spanischen Teilkirchen (Dišzesen) wie Toledo, Orviedo u.a. und in den Orden des hl. Jakobus und des hl. Hieronymus, sowie im Trinitarier-Orden; im Marienorden vom Loskauf der Gefangenen, im Minimitenorden des hl. Franz von Paula und im gesamten Franziskanerorden; desgleichen in allen Regionen, die dem Kšnig der Spanier unterworfen sind, wird das Fest und das Officium des heiligen Erzengels Gabriel gehalten; Gabriel ist ja der Erzengel, der zur seligsten Jungfrau gesandt worden ist, um ihr die Botschaft zu Ÿberbringen, dass sie Mutter unseres Heilands werde; darum ist es so gefŸgt worden, dass dieses Officium an einigen Orten am 18. MŠrz, also am achten Tag vor dem Fest der VerkŸndigung, an andern Orten wieder am 1. April, also am achten Tag nach diesem Fest abgehalten wird; Guyet bemerkt dazu in seinem Werk ãDe Festis propriis SanctorumÒ (ã†ber die Eigenfeste der HeiligenÒ, Buch 2, Kapitel 4, Questio 2): ãAlle, so glaube ich, setzen deswegen das Fest des hl. Gabriel in der NŠhe des VerkŸndigungsfestes an, weil eben dieser Erzengel mit dem Geheimnis der Menschwerdung, dessen Bote und BrautfŸhrer er war, engstens verbunden ist. Vieles andere Ÿber den Kult des heiligen Erzengels Gabriel findet sich bei den Bollandisten im 3. Band fŸr den Monat MŠrz und im 2. Band fŸr den Monat Mai. An den erwŠhnten Stellen bemerken sie, dass das fest mit Officium fŸr den Erzengel Gabriel von Papst Leo X in Viterbo fŸr den 24. MŠrz angesetzt worden ist. Das Fest des hl. Gabriel wird auch in Bologna und in Messina sowie in der griechischen Kirche am 24. MŠrz gefeiert. Das GedŠchtnis des hl. Gabriel wird im Collegium Gregorianum des Ordens des hl. Benedikt, das der Kongregation der Propaganda Fide angeschlossen ist, am 6. Mai begangen.
13. Zu Ehren des hl. Raphael mit dem Hinweis auf seinen Dient, den er dem Tobias geleistet hat, wird das Officium sowohl im Orden der Mercedarier, als auch in der Stadt Venedig vom Welt- und Ordensklerus begangen gemŠ§ dem Dekret der Ritenkongregation vom 21. November 1671; gleiches geschieht in allen dem Kšnig der Spanier unterstellten Regionen gemŠ§ Dekret vom 22. Mai 1683. Die gleiche Ritenkongregation genehmigte am 2. MŠrz 1602, dass Messe und Officium zu Ehren des hl. Raphael im Kloster des hl. Franz von Paula in der Stadt Marseilles gefeiert wird. Von den Bollandisten wird im 2. Band zum Monat Mai erwŠhnt, das sin Venedig eine Kirche zu Ehren des hl. Raphael geweiht ist. Guyet bemerkt in seinem Werk ã†ber die Eigenfeste der HeiligenÒ (Buch 1, Kapitel 5, Quaestio 5): wenn den Namen Gabriel oder Raphael nur da und dort Kirchen geweiht worden sind, so soll man ja nicht glauben, diesen Engeln Kirchen zu weihen sei nicht erlaubt, denn Ÿber ihre Namen und ihre Heiligkeit berichten die kanonischen BŸcher der Hl. Schrift; es ist darum recht und billig, allen, die in fŸr die …ffentlichkeit bestimmten Litaneien erwŠhnt werden, auch Kirchen zu weihen.
14. Im Kšnigreich Portugal und in den anderen dem portugiesischen Kšnig unterstellten Gegenden wird gemŠ§ Genehmigung durch Papst Sixtus V. vom 5. Februar 1590 und laut Dekret der Ritenkongregation vom 21. Februar 1604 fest und Officium des ãSchutzengels von PortugalÒ gehalten. Dieses Officium wurde genau geprŸft von Kardinal Baronius. Kraft Genehmigung durch den Hl. Stuhl kšnnte ein Šhnliches Fest mit Officium auch anderswo abgehalten werden, wie Guyet (an der angefŸhrten Stelle seines Werkes zur Quaestio 5,¤ ãQuod si de AngelisÒ) bezeugt; denn Engel sind ja nicht nur zum Schutz der einzelnen Menschen gegeben, sondern auch zum Schutz von Kšnigreichen und Provinzen, auch wenn das Augustin Calmet in seinem Werk ãDissertation in bonos malosque angelosÒ bei der Auslegung des 18. Kapitels des MatthŠus-Evangeliums zu bezweifeln scheint; er sagt dort: In der Kirche ist es immer Dogma geblieben, dass Engel zum Schutz einzelner Menschen bestimmt sind; nicht aber ist es als Glaubenswahrheit festgehalten worden, dass Schutzengel fŸr einzelne Všlker und Kšnigreiche bestimmt sind. Im Allgemeinen aber lehren dies die Theologen, voran der hl. Bonaventura in seinem ãCompendium theologicae veritatisÒ (liber 2, cap. 16, tomus 7) und der hl. Thomas v. Aquin im 2. Buch zu den Sentenzen des Petrus Lombardus (distinctio 11, quaestio 1, articulus 2 ad primum). Auch Gregor von Valencia (+1603) ist diese Meinung in seinem Werk ãCollatio des Angelis (tomus 3), ebenso Seraphinus Capponi a Porrecta (+16014), der in seinem Werk ãAppendix ad I. partem Divi ThomaeÒ (quaestio 113, art. 1) nach AufzŠhlung der Schrifttexte schreibt, dass die katholische Kirche immer festgehalten und gelehrt habe, folgende zwei Wahrheiten, nŠmlich erstens, dass allen Engeln ganz allgemein aufgetragen ist, Ÿber das Heil der Menschen besorgt zu sein, und zweitens, das um einen einzelnen Menschen mehrere Engel bisweilen besorgt sein kšnnen, aber auch ein einzelner Engel die Sorge um das Wohl vieler Menschen in einem Kšnigreich oder in einer Provinz oder in einer gro§en Kirche Ÿbertragen bekommen haben kann.